Landebucht 7
“Livia, der Frachter in Bucht 7 muss betankt werden”, rief mir Lekrog zu. Lekrog war ein bärtiger Mann mit Glatze und trug einen mit ölverschmierten Pullover. “Geht klar, Chef, ich kümmere mich drum”, antwortete ich und stand von der Werkbank auf, auf welcher ich gerade eine Pulsariumleitung geflickt hatte. “Prüf’ mal den Bordcomputer. Irgendwas stimmt mit der Frau net”, hörte ich Lekrog aus einer Abstellkammer rufe, in der er eine Sekunde zuvor verschwunden war. “Mach’ ich”, rief ich und lief durch den staubigen Gang zur genannten Landebucht.
Die flackernden Neonröhren an der Decke verstärkten den trostlosen Eindruck. Als ich die massiven Metalltüren der Bucht erreichte, erblickte ich das geparkte Raumschiff. Der Frachter war ein großes, kantiges Schiff, dessen Rumpf von zahlreichen interstellaren Reisen gezeichnet war. Der Lack war abgenutzt, und stellenweise waren Dellen und Kratzer zu sehen. Ein massiver Andockschlauch hing bereit, um den Treibstofftransfer zu ermöglichen.
Ich ging zur Treibstoffstation und begann, den Betankungsschlauch zu entrollen. Mit einem leisen Zischen verriegelte ich den Schlauch am Einfüllstutzen des Frachters und startete den Transfer. Das monotone Brummen der Pumpe erfüllte die Luft, während ich sicherstellte, dass der Vorgang reibungslos verlief. Die Anzeige auf dem Bedienfeld zeigte, dass der Treibstofffluss stabil war. Zufrieden wandte ich mich von der Anzeige ab und dem Frachter zu. Über die Laderampe betrat ich den Frachtraum des Schiffes. Ein metallischer Geruch lag in der Luft, vermischt mit einem Hauch von Maschinenöl. Kisten und Container waren ordentlich verstaut, doch der Raum wirkte trotzdem chaotisch. Der Boden unter meinen Stiefeln hallte bei jedem Schritt wider, während ich durch den Frachtraum zum Cockpit ging.
Ich erreichte die Schleuse zum Cockpit, eine robuste Tür, die eher einem Panzertor glich. Mit einem kurzen Piepsen öffnete sich die Tür, und ich trat in das Herz des Frachters. Das Cockpit war spartanisch eingerichtet, mit Schaltern und Bildschirmen, die in einem dichten Muster angeordnet waren. Der Navicomputer, ein älteres Modell, blinkte träge vor sich hin. Ich setzte mich in den Pilotensitz und aktivierte diesen. Die Bildschirme erwachten zum Leben, und eine Vielzahl von Sternenkarten und Koordinaten erschienen. Ich begann, die Daten zu durchforsten, um die Herkunft des Schiffes zu ermitteln. Die letzten Einträge zeigten eine Route, die von den Randgebieten der bekannten Galaxie zurückführte. Die Koordinaten wiesen auf ein System hin, das als Umschlagort der Hanse bekannt war, jedoch gab es auch dutzende Einträge, die auf Gebiete der Schützenden Hand hinwiesen.
Eine spezifische Koordinate erregte meine Aufmerksamkeit. Es war ein Punkt tief im All, weit abseits der üblichen Handelsrouten. Neugierig rief ich weitere Informationen dazu auf und fand heraus, dass der Frachter mehrere Wochen in diesem Sektor verbracht hatte, bevor er den Kurs hier her nach Pal Ketta gesetzt hatte. Die Sensorprotokolle zeigten keine besonderen Vorkommnisse, was ungewöhnlich war, da solche abgelegenen Gebiete meist von Piraten und Schmugglern genutzt wurden.
Ein leises Summen unterbrach meine Gedanken. Es war die Anzeige, dass der Treibstofftransfer abgeschlossen war. Ich notierte die Koordinaten und die letzten Aktivitäten des Frachters in meinem Datenpad, bevor ich den Navicomputer abschaltete und mich zurück auf den Weg zur Treibstoffstation machte.
“Der Tank ist voll, und ich hab’ mir den Bordcomputer angeschaut”, sagte ich zu Lekrog, als ich ihn wieder in der Werkstatt traf. “Das Schiff hat eine gewaltige Reise hinter sich: Dutzende Planeten im Gebiet der Schützenden Hand und der Hanse. Außerdem war es eine Weile in einem abgelegenen Sektor. Irgendwas ist da faul.” Lekrog nickte ernst. “Gut gemacht. Halten wir das im Auge. Ich hab’ ein ungutes Gefühl bei der Sache. Geh’ jetzt mal und kümmere dich um die defekten Wartungsroboter”, sagte Lekrog und gab mir einen Klaps auf den Hintern. Ich errötete, nickte und lief zurück zur Werkstatt, während die Gedanken an die mysteriöse Route des Frachters in meinem Kopf kreisten.
In der Werkstatt angekommen, suchte ich nach dem defekten Wartungsroboter. Der kleine, zylinderförmige Droide lag reglos in einer Ecke, seine Kontrollleuchten dunkel. Ich holte mein Werkzeug und begann, die Abdeckungen des Roboters zu entfernen. Die inneren Komponenten waren verstaubt und mit Schmutz bedeckt. Kein Wunder, dass er den Dienst verweigert hatte. Mit einem kleinen Pinsel säuberte ich vorsichtig die empfindlichen Teile und prüfte die Verbindungen. Einige Kabel waren durchgebrannt, wahrscheinlich wegen eines Kurzschlusses. Ich ersetzte die beschädigten Teile und löste die festsitzenden Gelenke des Roboters. Nachdem ich die letzten Schrauben festgezogen hatte, schloss ich die Abdeckungen wieder.
Ich drückte den Einschaltknopf und der Roboter erwachte mit einem leisen Summen zum Leben. Seine Augen leuchteten auf und er begann, seine Diagnoseprotokolle durchzuführen. Zufrieden beobachtete ich, wie er sich bewegte und seine Funktionen testete. Alles schien wieder in Ordnung zu sein. “Wie ich sehe ist der Roboter repariert und läuft wieder,” stellte Lekrog zufrieden fest, als er die Werkstatt betrat, “Gut gemacht, wir brauchen jeden funktionsfähigen Roboter.” Zufrieden stand ich auf und meinte: “Ich bringe ihn gleich in Bucht 5.” “Das kannst du später machen”, entgegnete Lekrog, kam zu mir rüber und strich mir über den Rücken, “es scheint, als hätten wir gerade etwas Zeit für eine Pause.”
Die unangebrachten Berührungen, wie sein Klaps auf den Hintern, hatten in letzter Zeit zugenommen. Ich hatte gehofft, dass es sich bessern würde, dass er sich zusammenreißen würde, aber es wurde nur schlimmer. Ich schluckte und drehte mich zu ihm um. Meine Stimme war ruhig, aber bestimmt, als ich sagte: „Was würde deine Frau davon denken?“
Sein Grinsen verschwand für einen Moment, doch dann trat er näher an mich heran. „Sie muss es ja nicht erfahren. Du könntest dir etwas zu deinem Gehalt dazuverdienen“, sagte er mit einem anzüglichen Unterton, „120 CEX. Das ist doch ein verlockendes Angebot, oder?“ Ich fühlte, wie sich mein Magen zusammenzog. Angeekelt blickte ich zu Boden. Aber die Realität meiner Situation ließ mich innehalten. Das Geld brauchte ich dringend. Ohne diese zusätzlichen 120 CEX würde ich es nicht schaffen, die Miete für diesen Monat zu bezahlen. Jeder Cent zählte.
Meine Gedanken rasten. Sollte ich es wagen, mich zu wehren? Sollte ich es riskieren, meinen Job zu verlieren und endgültig auf der Straße landen? Oder sollte ich das Angebot annehmen und die 120 CEX kassieren? Der Gedanke, mich zu fügen, widerte mich an, aber mir blieb keine wirkliche Alternative. “Ok, 120 CEX und es wird niemand erfahren”, sagte ich schließlich.